C.H. - Hartz IV - Rente - Fotografie

SGB II (Hartz IV) nimmt einen besonderen Stellenwert in der Sozialgerichtsbarkeit ein. Zum einen deshalb, weil damit die Existenz des Einzlnen gesichert werden soll, zum anderen weil gerade die Jobcenter eine Vielzahl von Fehlern machen. 


1) Eingliederungsvereinbarungen

Aus der täglichen  Praxis im Bereich des SGB II ist immer wieder zu sehen, dass gerade bei dem Thema Eingliederungsvereinbarungen (EGV) Unsicherheiten bestehen. In der Regel wird dem Leistungsempfänger im Jobcenter die vorformulierte EGV vorgelegt mit der Anweisung, dass er diese zu unterschreiben habe. Die EGV ist in § 15 SGB II geregelt. Hiernach soll das Jobcenter mit jeder erwerbsfähigen Person die für ihre Eingliederung in das Erwerbsleben erforderlichen Leistungen vereinbaren. Insbesondere sollen die gegenseitigen Rechte und Pflichten sowohl des Leistungsempfängers als auch des Jobcenters geregelt werden. An einer solchen Regelung ist grundsätzlich nichts auszusetzen. Es zeigt sich jedoch immer wieder, dass in der EGV Verpflichtungen vom Leistungsempfänger gefordert werden, die unzulässig sind (z.B. die Verpflichtung, sich ärztlich begutachten zu lassen, ob die Leistungsfähigkeit überhaupt vorliegt) oder aber die sanktionsbedrohten Leistungen viel zu unbestimmt geregelt werden (z.B. werden eine bestimmte Anzahl von Bewerbungen eingefordert ohne aber zu regeln, wie diese Bewerbungen auszusehen haben und wie der Nachweis zu erbringen ist).

 

Hier nun die Antworten auf die häufigsten Fragen:

 

 

Frage: Muss ich die EGV unterschreiben?

Nein. Sie sind nicht verpflichtet, eine EGV zu unterschreiben. Wie der Name schon sagt, handelt es sich um eine Vereinbarung und zum Abschluss von  Vereinbarungen kann man nicht gezwungen werden. Allerdings bauen Jobcenter mitunter starken Druck auf, dass der Leistungsempfänger die EGV unterschreibt. Mitunter drohen sie sogar mit Sanktionen, lassen die Leistungsempfänger mehrfach erscheinen, um sie dann dazu zu bringen, seine Unterschrift unter die Vereinbarung zu setzen. Meist werden diese Gespräche dann auf Seiten des Jobcenters durch mehrere Mitarbeiter geführt, was auf Seiten des Leistungsempfängers durchaus als unangenehm empfunden wird.

 

 

Frage: Was passiert, wenn ich die EGV nicht unterschreibe?

Es entsteht Ihnen kein Nachteil! § 15 Abs. 1 SGB II ist eine sog. Sollvorschrift. Der Gesetzgeber wollte diese gegenseitigen Verpflichtungen bewusst als Vereinbarung gestalten, da davon auszugehen ist, dass man freiwillig vereinbarte Inhalte eher akzeptiert als hoheitliche Anweisungen des Jobcenters. Auf gar keinen Fall ist eine solche Weigerung mit Sanktionen zu ahnden; denn der Gesetzgeber hat für diesen Fall vorgesehen, dass das Jobcenter im Falle, dass keine Einigung zustande kommt, die EGV als Verwaltungsakt, also hoheitlich erlassen kann. Auch braucht man keine Gründe anzugeben, weshalb man die EGV nicht unterschreiben will.

 

 

Frage: Welches ist der Unterschied zwischen einer EGV und einer EGV per Verwaltungsakt?

Eine Vereinbarung ist ein Vertrag. Wird die Vereinbarung durch einen Verwaltungsakt ersetzt, handelt es sich hingegen um einen Bescheid. Während man sich an Verträge mit deren Zustandekommen zu halten hat, kann man einen Bescheid durch Widerspruch und darauffolgend mit der Klage angreifen. Die Inhalte des Bescheides unterliegen also der vollständigen gerichtlichen Überprüfbarkeit. Bei der „freiwilligen“ Vereinbarung hingegen gibt es diese gerichtliche Überprüfbarkeit nicht. Hat man sich also wie beim oberen Beispiel ausgeführt verpflichtet, sich ärztlich untersuchen zu lassen, kommt man da schwer bei einer „freiwilligen“ Verpflichtung wieder raus. Weigert man sich, kann das Jobcenter eine Sanktion aussprechen. Anders bei der EGV per Verwaltungsakt, die man gerichtlich überprüfen lässt: Diese Vereinbarung würde sofort vom Sozialgericht gekippt werden.

 

 

Frage: Ich habe eine EGV unterschrieben – wie komme ich da wieder raus?

Da streiten sich die Gelehrten! Es handelt sich wohl um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag eigener Art. Wie jeden Vertrag kann man auch diesen kündigen. Auch hier sind Gründe nicht anzugeben.

 

 

Frage: Ich soll eine EGV unterschreiben, will es aber nicht. Wie verhalte ich mich?

Am besten gehen Sie zu diesem Termin nicht alleine hin. Denn sollte Ihnen gedroht werden, dass im Falle der Weigerung eine Sanktion ausgesprochen wird, haben Sie einen Zeugen und können dann auch Erfolg versprechend dagegen vorgehen.



2) Hartz IV und Nebenkostenabrechnungen



Den meisten Mietern flattern Anfang des Jahres die Nebenkostenabrechnungen ihres Vermieters ins Haus. Bezieht der Mieter Leistungen nach dem SGB II – also Hartz IV – nimmt das Ergebnis der Nebenkostenabrechnung Einfluss auf die Zahlung des Jobcenters.

 

Was bedeutet das und was ist zu beachten?

 

a) Nebenkosten setzten sich aus Betriebs- und Heizkosten zusammen. Beide Kostenpositionen werden im Rahmen des SGB II getrennt betrachtet. Die Betriebskosten zählen zu den sog. Kosten der Unterkunft und bilden eine Einheit (ein „Produkt“) zusammen mit der Netto- bzw. Grundmiete. Ihre Angemessenheit wird gemeinsam betrachtet. Das bedeutet, dass aufgrund gestiegener Betriebskosten die Wohnung insgesamt unangemessen teuer werden kann, insbesondere dann, wenn durch die gestiegenen Betriebskosten auch die monatliche Miete insgesamt erhöht wird. Es folgt eine Kostensenkungsaufforderung durch das Jobcenter, der im Zweifel nur durch Umzugsbemühungen nachgekommen werden kann.

Heizkosten werden hiervon getrennt betrachtet. Ihre Angemessenheit bestimmt sich nach dem Kommunalen Heizspiegel und - sofern ein solcher nicht existiert - nach dem bundesweiten Heizspiegel, der jährlich aktualisiert wird. Ein deutliches Überschreiten der dort genannten Werte ist ein Indiz für ein unangemessenes Heizverhalten. Sind diese Richtwerte erreicht, erwartet das Jobcenter von dem Leistungsempfänger Maßnahmen, die zur Kostensenkung führen. Er hat aber die Möglichkeit darzulegen, weshalb seine über dem Grenzwert liegenden Heizkosten gleichwohl noch als angemessen gelten sollen.

 

b) Nachforderungen aus der Nebenkostenabrechnung gehören zu dem aktuellen Bedarf und werden, solange keine Kostensenkungsaufforderung erfolgt, selbst dann vom Jobcenter zu übernehmen sein, wenn sie unangemessen hoch sind. Denn letztlich kann der Leistungsempfänger erst dann sein Verhalten ändern, nachdem er auf die Unangemessenheit hingewiesen wurde.

 

Das Jobcenter muss natürlich von der Nachforderung durch den Leistungsempfänger in Kenntnis gesetzt werden, damit es die Forderung des Vermieters ausgleichen kann. Es bedarf aber keines gesonderten Antrags (sog. Grundsatz der Meistbegünstigung).

 

c) Guthaben aus der Nebenkostenabrechnung mindern den Anspruch des Leistungsempfängers für Unterkunft und Heizung in dem Monat, der auf die Rückzahlung folgt. Wichtig ist, dass das Jobcenter nicht von dem Vermieter hierüber informiert wird. Der Leistungsempfänger selbst ist also zur Mitwirkung verpflichtet und hat das Jobcenter zu informieren. Das Jobcenter wird für den Folgemonat den Leistungsbescheid entsprechend abändern. Über seine Pflicht, das Jobcenter über solche Guthaben zu informieren, wurde der Leistungsempfänger spätestens bei seiner Erstantragstellung aufgeklärt. Unterlässt er die Mitteilung, kann er sich später nicht darauf berufen, dass er das Geld bereits verbraucht habe und insoweit ein Vertrauensschutz eingetreten sei. Im Gegenteil kann das Jobcenter auch nachträglich noch seinen Bescheid aufheben und die Erstattung verlangen. Im Zweifel werden aktuelle Leistungen einbehalten. Kenntnis von dem Guthaben wird das Jobcenter spätestens bei dem Weiterbewilligungsantrag erlangen, bei dem dann die Kontoauszüge lückenlos vorzulegen sind.

 

d) Achtung: Eine Nachforderung der Betriebskosten und ein Guthaben bei den Heizkosten egalisieren sich nicht bei der Angemessenheitsbetrachtung. Setzt sich die Nebenkostenabrechnung aus einer Nachforderung für die Betriebskosten in Höhe von 500,00 € und einem Guthaben für die Heizkosten von 500,00 € zusammen und schließt somit mit 0,00 €, kann das Jobcenter dennoch hinsichtlich der Betriebskosten zur Kostensenkung auffordern und die Wohnung insgesamt als unangemessen einstufen.