C.H. - Hartz IV - Rente - Fotografie
Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten kann hat die Möglichkeit eine Rente wegen Erwerbsminderung (EM) beim zuständigen Rentenversicherungsträger (RTV) zu beantragen. Antragsfprmulare können dort oder auf den entsprechenden Internetseiten der Deutschen Rentenversicherung herunter geladen werden. Im Normalfall holt sodann der RVT befundberichte der behandelden Ärzte und ggf. weitere Gutachten ein. Im Folgenden zeige ich Problemkreise auf, die immer wieder vorkommen und letztlich zu einer Ablehnung des Antrags führen:


1) Probleme bei spezifische Erkrankungen am Beispiel der Fibromyalgie (FM)


Gerade im Rentenverfahren steht der Antragsteller immer wieder auf neuen Weichen. Diese wichtigen Weichen zu erkennen und dann auch richtig zu stellen, ist gerade bei der FM schwierig und besonders wichtig. Warum gerade bei der FM? Das hat mehrere Beweggründe.

a) Die Schmerzen, über die bei Fibrom. geklagt werden, stehen stets im Widerspruch zum klinischen Befund. Meist findet sich ein unauffälliger Muskel- und Gelenkbefund und die Laborbefunde sind durchweg im Normbereich. Das ist der Grund, dass viele Untersucher diese Patienten als Simulanten abstempeln.

b) Die DRV geht davon aus, dass viele Untersucher die Diagnose der FM recht großzügig stellen, zumal keine ganz einheitlichen Maßstäbe für die Sicherung der Diagnose herangezogen werden.

c) Obwohl die Krankheit inzwischen als anerkannt gilt, finden sich noch immer folgende beratungsärztliche Stellungnahmen in der Rentenakte:

„Es handelt sich um ein Konglomerat von psychovegetativen Beschwerden, die nicht objektivierbar sind und heute oft unter dem Modebegriff „Fibromyalgie“ zusammengefasst werden. Das so genannte Krankheitsbild der „Fibromyalgie“ mit der entsprechenden Diskussion ist dem Rentenversicherungsträger seit Jahren bestens bekannt. [...] Die Diagnosestellung ist weitestgehend an die Selbstschilderung der Untersuchten gebunden. [...] Wir beantragen, die Klage abzuweisen.“

d) Die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit des FM-Patienten gerecht zu beurteilen ist ein immenses Problem für den behandelnden Arzt und dem Gutachter. Denn die Patienten fühlen sich ja subjektiv in großem Maße leistungseingeschränkt wegen ihrer Schmerzen, dem Steifheitsgefühl und der Müdigkeit.

Wird ein Rentenantrag gestellt, dann ist wegen der vorrangig geklagten Beschwerden des Stütz- und Bewegungsapparates der Erstgutachter häufig der Orthopäde. Und da in den meisten Fällen gravierende Funktionseinschränkungen sich nicht nachweisen lassen, liegt nichts näher, als diese Patienten für arbeitsfähig zu erklären.

Wenn ein FM wahrscheinlich ist, sollte die Beurteilung durch einen rheumatologisch geschulten Internisten und die Hinzuziehung eines Psychiaters erfolgen.

e) Oftmals findet die FM bei der DRV gar keine Berücksichtigung, während die Sozialgerichte von einer Zuordnung in den neurologisch-psychiatrischen Bereich ausgehen.

Aus diesen Gründen scheitern viele Betroffene, die an FM erkrankt sind, trotz vielversprechenden rheumatologischen, orthopädischen und internistischen Attesten und Befundberichten bei ihrer Rentenantragstellung. Was haben diese Betroffenen falsch gemacht?

  • Die Betroffenen nehmen an, dass die Diagnose FM für einen Rentenantrag ausreiche,
  • Es fand bis zum Rentenantrag noch keine ausreichende ambulante oder klinische Behandlung laut den Schmerzleitlinien statt. Häufig werden die Mandanten nur vom Hausarzt und Orthopäden behandelt.
  • Es fehlt vor allem eine Schmerztherapie (Schmerztherapeut), Verhaltenstherapie (Diplom-Psychologe).
  • Bei hohem Leidensdruck ist laut den Leitlinien eine ambulante Behandlung beim Psychiater angesagt.


Trotz dieser ganzen Beschwerden muss Ihnen eines klar sein: FM ist keine Knochentaxe, kein Sesam-öffne-Dich für eine Rente. Ganz im Gegenteil. Knapp 90 % der Anträge auf Rente wegen EM, die wegen FM basieren, werden abgelehnt.

 

Aber ich möchte Sie nicht entmutigen – ich möchte nur, dass Sie nicht dieselben Fehler wie viele vor Ihnen machen. Und dazu ist schlicht und ergreifend die Kenntnis, wie und warum der RVT und die Gerichte mit FM umgehen, von entscheidender Bedeutung.

Ja, es ist möglich, eine Rente wegen EM auf FM basierend zu erlangen.

Es reicht aber grundsätzlich nicht, zur Begründung der Leistungseinschränkungen nur auf die bestehenden Krankheiten zu verweisen, beispielsweise auf das Vorliegen einer Fibromyalgie.


Es muss konkret dargestellt werden, welche für das Leistungsvermögen im allgemeinen Erwerbsleben hieraus resultierenden Einschränkungen abzuleiten sind.

 

Mit anderen Worten muss so zu sagen die FM in ihre einzelnen Symptome aufgeschlüsselt werden. Und jedes einzelne Symptom muss dann in Beziehung zu möglichen Leistungseinschränkungen gebracht werden.


Ob eine Rente gewährt wird, hängt von der Frage ab, ob Sie nicht mehr in der Lage sind, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine Tätigkeit von bis zu 3 Stunden zu verrichten, bzw 3 bis unter 6 Stunden für eine Rente wegen teilweiser EM. Dann gibt es noch die Übergangsfälle des § 240 SGB VI für Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren sind.


In allen Fällen geht es aber immer darum, ob sie zumindest noch leichte Tätigkeiten ausüben können. Was leicht, mittelschwer oder schwer ist, ist fest definiert. Und genau den Merkmalen in diesen Definitionen (z.B. Zureichen, Abnehmen, ...) müssen die einzelnen Symptome gegenübergestellt werden.


Berücksichtigen Sie diese Maßgaben, kann auch eine FM-ERkrankung zur Durchsetzung des Rentenanspruchs führen. Wichtig ist, das Beschwerdebild und die daraus folgenden, anhaltenden Leistungseinschränkungen heraus zu arbeiten und in dem Leistungsantrag klar erkennbar und nachvollziehbar zu machen. Geschieht das nicht, so sind falschen Erwartungshaltungen und damit auch Enttäuschungen vorprogrammiert. Gerade bei der so schwierig zu fassenden Diagose FM kann man das vermeiden, wenn entsprechende Leistungsanträge sorgfältig vorbereitet werden.

Ob Sie einen Anwalt bei dem Rentenverfahren einschalten, bleibt Ihnen überlassen. Sollten Sie sich dafür aber entscheiden, sollte er bereits – anders als ich es bei anderen Erkrankungen empfehle –im Antragsverfahren eingeschaltet werden. Er wird Ihnen sicher nicht die Vordrucke ausfüllen – dafür ist er auch nicht da. Aber er sollte bereits dem Antrag eine berufskundlich fundierte Stellungnahme beilegen und eine Gegenüberstellung des positiven und negativen Leistungsvermögens  mit dem Anforderungs- und Belastungsprofils der möglichen Tätigkeiten abgeben.